Samstag, 28. Juli 2012

Zieleinlauf.

Freitag, 27.07.2012
Altglienicke nach Hause
4 h / 20 km

Sich für die letzte - winzige! - Etappe zu motivieren, ist echt schwer. Sauschwer. Zu schön ist es, bei Wiebi und Zange auf der Terrasse rumzuhängen, zu frühstücken und im Kopf schon fertig zu sein. Und obwohl der innere Schweinehund laut rumbellt, weiß ich doch, daß im Moment des Loslaufens alles ganz locker sein wird.

Außerdem geht es eigentlich immer nur geradeaus. Oder wie Otti gestern Abend mit Blick auf die iPhone-Navigation sagte: "Naja, eigentlich genau der Weg, den man auch mit dem Auto fahren würde." Also laufe ich erstmal rüber nach Adlershof, bei Studio Berlin vorbei, am Kaufland vorbei, den Groß-Berliner Damm hoch. Schön, daß ich auch am letzten Tag nochmal durch ein Gewerbegebiet laufen kann. 

Königsheide, Kiefholzstraße, Baumschulenweg. Kenne ich alles vom Fahrradfahren, wenn ich damals mit dem Rad nach Adlershof gefahren bin. Rüber in den Treptower Park, aber den Weg am Wasser schenke ich mir, das wäre ein glatter Kilometer Umweg. Ich komme mir reichlich seltsam vor mit meinem Adventure-Outfit mitten in Berlin, zwischen Touristen und Kneipen. 

Am Treptower Hafen kann ich zum ersten Mal den Fernsehturm sehen, das ist ein tiefer Seufzer. Und je näher ich dem Friedrichshain komme, umso mehr merke ich, daß der Rest nur noch ein kleiner Spaziergang ist. Eine Strecke, die man vielleicht auch abends im Suff nach Hause läuft, wenn man noch Bock auf ein bißchen frische Luft hat. 

Mir fällt der Überfluß auf. So viele Menschen, so viele Läden. An jeder Ecke könnte ich Getränke, Eis oder Snacks kaufen. Monatelang habe ich mich über jeden noch so murksigen Dorfladen mit jedem noch so lausigen Angebot gefreut -- plötzlich bin ich wieder wählerisch, bei welchem Späti ich mir ein kaltes Getränk kaufe... Vorbei am Boxhagener Platz, vorbei an meinem alten Kiez, in dem ich Gott sei Dank nicht mehr wohne, die Samariter hoch. Durch das von Kommissar B. gut durchackerte Schlachthofgelände (die Bingo-Hausnummern, die ich dort erspähe, brauche ich also gar nicht mehr zu fotografieren). 

Boxenstop an der Eisdiele. Kurzes Telefonat mit Otti. Rüber auf die Storkower Straße. Die zieht sich. Aber weiter hinten mache ich noch ein Foto von meinem zuständigen Arbeitsamt. Aus Dankbarkeit. An der Ecke Storkower/Kniprode sehe ich das erste Hinweisschild nach Weißensee, jetzt ist es wirklich nicht mehr weit. Und zwanzig Minuten später biege ich in meine Straße ein -- noch 400 Meter, dann ist es geschafft. Das ist dann doch der Moment, in dem mir die Absurdität der Situation kurz zusetzt: 3.400 Kilometer gelaufen und nur noch 400 Meter, dann ist Ende. 

Das Grinsen kommt zurück und mit ihm eine tiefe Zufriedenheit, mit Schwung biege ich auf meinen Hof ein. Alles ist wie immer, nur etwas verwildert und verwuchert. Otti schichtet schon Getränke in den Kühlschrank und empfängt mich und das Erste, was ich tue, ist: Rasenmähen.

So weit ist es also gekommen. Rasenmähen. Aber ich habe mich so darauf gefreut, endlich wieder mein Zuhause zu haben, meine Wohnung zu bewohnen, mein Revier zu beförstern, daß das auch wieder irgendwie paßt. Und die to-do-Liste der Dinge, auf die ich lange verzichten mußte, ist lang. Und ich voller Vorfreude. Auf Autofahren, auf mein eigenes Bett, auf den Stolz, es geschafft zu haben.

Es war eine tolle Reise. Aber jetzt reicht's auch.

3 Kommentare:

  1. Herr Pflaumbaum29. Juli 2012 um 10:52

    Na denn: Willkommen zurück und hoffentlich auch "zu Hause".

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  2. monsieur lombrage29. Juli 2012 um 15:39

    und was soll ich jetzt abends immer lesen? wie bekomme ich die tage rum ohne hausnummernsuche?

    untroestlich,
    monsieur l'ombrage

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  3. Habe schon Entzugserscheinungen...

    Meine herzlichsten Glückwünsche! Laß es Dir erstmal gutgehen.

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