Dienstag, 10.07.2012
Mühlleithen nach Weitersglasmühle
5 h / 20 km
Boah, herrlich! Endlich mal wieder zwei Nächte hintereinander richtig viel und richtig gut geschlafen. Das ist in fremden Betten manchmal wirklich nicht so einfach. Ich kann es nur dieser Entspannung zuschreiben, daß ich später - als ich beim Verlassen des Frühstücksraums ein fröhliches "Tschüß" schmettere und von dem Dödel mit seiner schlechtgelaunten Frau ein "Und tschüß" ernte - nicht gleich laut werde, sondern einfach nur über den Typen lache.
Der Tag beginnt auf breiten Forstwegen, mit den Händen in den Hosentaschen, bergab. Ist nur eine kurze Etappe heute und weil Tage mit diesem Vorzeichen normalerweise immer total schiefgehen und viel zu lang werden, habe ich mir heute tatsächlich VORHER auf der Karte ganz genau angeschaut, wo ich langgehen will. Nach zwei Kilometern komme ich um die Ecke und sehe ein rot-weißes Absperrband quer über den Weg: Baumfällarbeiten. Naja, das kann man ja erstmal ignorieren. An der nächsten Kreuzung hört man schon die Motoren der Harvester im Wald röhren und der Forstweg sieht aus, als wäre hier eine ganze Panzerkompanie durchgebrettert und nach einer schnellen Wende nochmal zurück. Naja, so ne richtige Alternative gibt es nicht, also laufe ich einfach mal weiter, warte ein paar Minuten auf dem Weg, bis der Forwarder abgeladen hat. Der Fahrer kann mich wahrscheinlich nicht sehen, weil der Holzstapel ihm den Blick verdeckt und mich links oder rechts vorbei zu mogel, erscheint mir etwas zu gefährlich angesichts von Geschwidigkeit und Reichweite des Greifarms. Irgendwann ist der Kollege fertig, sieht mich, fährt brav ein Stück zur Seite und winkt mich vorbei. Geht doch!
Ich lasse mir viel Zeit heute und nehme so ziemlich jede Bank mit. Hier mal zehn Minuten sitzen und in die Sonne gucken. Da mal ne halbe Stunde rumhängen und ein bißchen naschen. Oder vielleicht doch nochmal einen Spiegel-Artikel lesen. So läßt es sich aushalten. Eigentlich ist der ganze Tag ein bißchen wie Schlendern mit den Händen in den Hosentaschen. In Carlsfeld entscheide ich mich noch schnell für einen kleinen Umweg über die Talsperre, damit ich nicht gar so früh ankomme. So ein Bummeltag ist wirklich sehr positiv für die Langzeitmotivation -- ich hätte heute überhaupt keine Lust dazu gehabt, mich 35 Kilometer über zahllose Höhenmeter durch das Erzgebirge zu quälen. Ankommen werde ich schon noch früh genug...
Oben an der Talsperre versetzt mir der Anblick des Stausees allerdings einen Stich ins Herz: Sieht aus wie ein stiller schwedischer Waldsee. Ich erinnere mich sofort wieder daran, daß ich im Anschluß an diese Reise so gerne noch für ein paar Wochen nach Skandinavien möchte. Die restlichen Kilometer kriege ich dann auch die Bilder meiner bisherigen Reisen durch Norwegen und Schweden nicht mehr aus dem Kopf. Urlaubskopfkino.
Mein Gasthof ist ein bißchen verschlafen, in den verwinkelten Gasträumen muß ich erstmal jemanden suchen, der mir einen Zimmerschlüssel gibt. Später beim Abendessen ist es nicht anders. Von meinem Fenster aus schaue ich auf den Wald, über dem sich schon wieder hohe Wolken auftürmen, es regnet für zwei Minuten, dann ist's wieder gut. Erzgebirge, ich komme.
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