Sonntag, 1. Juli 2012

Ab nach Hause.

Donnerstag, 28.06.2012
Rednitzhembach nach Altdorf
zahlreiche Stunden / 32 km

Rednitzhembach ist zum Wegrennen. Und alles ist Murks. Ich gehe in den falschen Bäcker, biege zweimal falsch ab, gehe dann falsch zurück und vor allem hat es morgens um 09:24 Uhr schon 24 Grad. Es wird ein heißer und harter Tag werden. Aber das ist heute egal, denn heute werde ich zuhause sein.

Gleich hinter der Bundesstraße kommt der Neue Kanal. Der war schon in meiner Kindheit auf den Fahrradtouren irgendwie die Grenze zwischen "kleiner Tour" und "großer Tour". Ich laufe ein Stück am Ufer entlang, unter meinen Stiefeln knirscht der Kies. Zwei Schiffe tuckern lahm vorbei, während ich innerlich darauf brenne, endlich in den Wald abzubiegen. Das Letzte, was ich sehe, bevor ich endlich die brütende schattenlose Hitze des Kanals verlasse, ist ein großartiges Hinweisschild für die nächste Kneipe -- die ich allerdings nie betreten werde, denn heute Mittag habe ich Großes vor: Einmarsch in Feucht, ich habe die Strecke schon genau im Kopf, Mittagessen bei Müllers, danach weiter nach Altdorf, dann zwei Tage frei. 

Schwarzachtal: Kenn ich. Großschwarzenlohe: Kenn ich. Schweinauer Fernsehturm: Kenn ich. Sorg: Kenn ich vom Straßenschild vom Vorbeifahren, jetzt bin ich endlich mal dagewesen. Allerdings mußte ich dabei auch Einfamilien-Neubauten sehen, so schlimm und so modern, daß ich versucht bin, den Mann im Garten nebenan zu fragen, ob er seine Nachbarn dafür haßt, daß sie ihm so einen Kasten vor die Nase gestellt haben. Wendelstein: Kenn ich, gibt sogar ne Eisdiele am Marktplatz, aber ich lasse sie tatsächlich links liegen. Ab jetzt kenn ich jede Kreuzung und jeden Weg. Auf die Karte habe ich schon lange nicht mehr geschaut. Alter Kanal: Kenn ich (daß da allerdings Schlangen drin wohnen, die auch noch entspannt schwimmen gehen, kannte ich zwar noch nicht, aber man lernt ja nie aus). 

In Röthenbach gehe ich über die alte Kanalbrücke aus Sandstein, die ich schon als Kind super fand, daneben steht immer noch das seltsame Halteverbotsschild, das nicht rot-blau ist, sondern grün-blau, und auch nach 35 Jahren weiß ich immer noch nicht, wieso. Und hinter dem Friedhof beginnt meine Hausstrecke zum Jägersee, durch die muffige Sumpfunterführung unter der Autobahn hindurch, die Abkürzung durch den Wald bei der Steigung dahinter gilt auch immer noch. Ich kann mir das Grinsen und die Freude nicht mehr aus dem Gesicht wischen, stehe auf dem kleinen Hügel über dem Spielplatz am Ende des Sees, stelle verwundert fest, daß inzwischen auf dem Abenteuerspielplatz meiner Kindheit mit Seilbahnen, Rutschen und Indianerhütten ein veritabler Wald gewachsen ist. Und ich stehe am Ufer des Sees, an dem ich als Kind tonnenweise Sommernachmittage verbracht habe. Alles sieht ein wenig anders und verwuchert aus, aber ich erkenne alles wieder. Der kleine Pfad ins Brombeergebüsch zu den Nackerten, der Weg hoch zu Deckelnicks, die alte Schranke an der Straße zu Kläranlage. Wie oft bin ich als Zwerg auf der Brücke über die A9 gestanden und habe LKWs zugewunken? Alles ist noch an seinem Platz. Die Flaschencontainer stehen noch neben dem Wäldchen. Unsere neureichen Nachbarn fahren noch ihren Jeep. Der alte Garagenhof sieht noch etwas heruntergekommener aus als damals, aber ansonsten passt alles. Und ich stehe vor dem Haus, in dem ich groß geworden bin und feiere diesen Moment, in dem ich hier stehe und die Tatsache, daß ich von so weit her gekommen bin.



Ich gehe durch die Straßen von Feucht, und ein Hochgefühl begleitet mich, als hätte ich schon mein Ziel erreicht. Vor der Gemeindebücherei fällt mir sofort und ohne Nachdenken die Nummer meines alten Büchereiausweises wieder ein und obwohl sich in der Feuchter "Innenstadt" viel verändert hat, ist alles noch genauso öde wie damals und nur im grellen Sonnenlicht zu ertragen.

Bei Familie Müller gibt es Essen im Garten, Gott sei Dank hat jemand dafür gesorgt, daß es nicht ausgerechnet heute Schäufala gibt, denn da liegen noch ein paar Kilometer bereit. Später ziehe ich weiter, Jakob kommt die nächsten Kilometer bis Altdorf mit. Inzwischen ist es ungemütlich heiß geworden, beim Ansteig auf den Dreibrüderberg geht mir gut die Pumpe. Aber diesen Ansteig habe ich schon als Kind als herz- und endlos empfunden. Kurz vor Altenthann wandern wir durch ein erschütternd schönes Tal, das ich noch nie wahrgenommen habe. Wir besuchen noch schnell den herrlich gehetzten Ma, trinken was, verzichten dank Bremseninvasion auf mehr frischgepflückte Kirschen und wollen weiter. Ma will uns noch schnell den schönen Pfad runter zur Sophienquelle zeigen, am Ende bringt er uns aber eigentlich fast bis runter. In einer großen Wolke aus Bremsen klettern wir runter in die Schlucht und schlagen uns durch das grüneE Dickicht.



Erst unten im Schwarzachtal öffnet sich kurz vor Prackenfels der Wald wieder, wir wandern immer noch auf der Flucht vor den aufdringlichen Bremsen in erhöhtem Tempo. Pause machen? Nüscht! Kommt mir ganz gelegen, ich will endlich ankommen. 

Auf dem letzten Anstieg vor Altdorf verliere ich langsam die Lust, der Tag ist irgendwie schon zu lang. Oben auf der Ebene wird der Blick wieder weit und die Bremsen verziehen sich endlich. Der Kirchturm von Altdorf ist zu sehen, durch das letzte Gewerbegebiet, was heute gar nicht mehr so schlimm ist, dann ziehen wir über den Marktplatz und gönnen uns ein Ankunftsbier bei Tine. Jetzt fühle ich mich wirklich zuhause. Ich habe heute einmal mein altes Revier durchquert, von Feucht bis Altdorf, von meinem alten Haus bis zum Sport Bavaria. 

Willkommen, Wanderer. In der Meergasse biege ich bei Rögners wie seit 10 Jahren in das Gartentürchen ein, was auch schon wie ein zweites Zuhause ist, hake die dringend benötigte Dusche ab und mache mich fertig für einen Abend unter Freunden. Wie verdammt gut das endlich mal wieder tut. 2.700 Kilometer bis hierher. Noch ein paar Wochen Endspurt, aber daran denke ich heute Abend nicht. Ich freue mich auf zwei Tage Urlaub vom Urlaub, auf Sommer in Altdorf und auf die Leute, die ich wiedertreffen werde.

1 Kommentar:

  1. Schön, mit Dir nochmal nach Hause gehen zu können! Ich wünsche Dir fantastische Tage mit Deinen Freunden!
    Ich vergesse übrigens immer wieder, mal zu gucken, ob's die Nummernschilder auch hier auf der Insel gibt...

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