Thusy nach Villy-le-Pelloux
7 h / 25 km
Am Morgen füge ich eine weitere Weisheit zu der bereits unendlichen Liste von unendlich banalen Weisheiten meines Lebens hinzu: Ich hasse schmale Betten. Letzte Nacht wieder kaum geschlafen, weil ich mit einem halben Auge immer aufpassen mußte, daß ich nicht auf dem Fußboden lande. Alle Schuld den schmalen Betten. Da vergebe ich den Franzosen auch gerne die Erfindung der umständlichen Laken-Wolldecken-Briefumschlag-Wickelung, wenn sie mir gleichzeitig ein "grand lit" servieren.
Und so beginne ich den Tag wie ein geräderter Trucker, dem die innere Uhr ausgefallen ist. Ich blinzele müde in die Sonne und bin irgendwie sehr lustlos. Sehr!
Erst das nächstgrößere Kaff bringt das Pony wieder zum Traben. In Form eines Supermarktes. Sofort meldet sich mein Magen mit den anklagenden Worten, daß er schon seit Tagen, eigentlich fast seit Wochen nix mehr zu Futtern bekommen hat, was selbstverständlich genauso dreist wie gelogen ist. Ich erinnere mich gut, daß ich in den ersten Wochen dieser Reise teilweise nur widerwillig was gegessen habe -- inzwischen könnte ich mampfen, was das Zeug hält.
Erstaunlicherweise habe ich mich im Supermarkt dann doch soweit im Griff, daß ich nicht wieder mit 10 Kilo mehr im Gepäck weiterwandere. Zur Belohnung finde ich sogar noch die eine Wanderkarte, die ich in meiner letzten Bestellung vergessen hatte. Obwohl ich eigentlich gerade eingekauft habe, gehe ich aus lauter Lust noch zum nächsten Bäcker (wahrscheinlich auf der Jagd nach zusätzlichen Pizzastücken oder gar Törtchen), kaufe aber nur irgendein mit Nüssen und Aprikosen aufgezwirbeltes Spezialbaguette, das allerdings so lecker ist, daß es die halbe Stunde bis zur Mittagspause am Bach erst gar nicht mehr erlebt.
Bei einem klein bißchen Bergtour auf dem Höhenzug hinter La Balme-de-Sillingy gibt es endlich mal amtliche Aussicht. Bis Annency und den dazugehörigen See kann man schauen, dahinter Berge und Berge und Schnee obendrauf. Alles zum Greifen nahe, vielleicht noch einen Tagesmarsch entfernt. Oh boy! Zusammen mit den Kühen und den überall klebenden weißroten Protestaufklebern für ein freies Savoien sieht das dann doch irgendwie nach Schweizpostkarte aus.
Mein Hotel ist das krasse Gegenteil. Ich hab mir sehenden Auges ein richtig schönes Autobahnhotel rausgesucht, das ich als Fußgänger nur auf verschlungenen Umwegen erreichen kann. Manchmal ist es einfach auch schön, sich nach einem tag auf der Straße in ein anonymes Hotelzimmer einzuschließen und erst nächsten Morgen wieder hervorzukriechen. Vor meinem Fenster liegen ein Autobahndreieck, eine riesige Mautstation für alle 3 Fahrtrichtungen, ein Industriegebiet und doch ist es am Abend säuselnd ruhig. Ich hatte mich innerlich schon auf Oropax vorbereitet, aber draußen ist es so still, daß ich mit offenem Fenster schlafen kann.
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