Dienstag, 29.05.2012
Fornet-Blancheroche (F)
nach Goumois (F)
8 h / 25 km
Die besten Tagen sind
die, an denen man sich schon beim Wachwerden auf's Wandern freut. So
auch heute. Vor mir liegt wieder ein Tag am Doubs, das Wetter passt,
es ist ein ganz normaler Werktagsdienstag und daher wahrscheinlich
nicht viel Touristenverkehr und überhaupt. Und vor allem: Morgen
gibt es nochmal nen Tag, auf den ich mich jetzt schon freue... Meine
Gastgeberin gibt mir zum Abschied noch den Tip, über die "Eschelles
de la Mort" abzusteigen. Da sei die Aussicht sehr schön.
Gesagt, getan... Nachdem
mich in der einzigen Kurve im Dorf fast ein Auto umgenietet hätte,
bin ich endlich auf der Wiese (ergo in Sicherheit). Nachdem ich den
Kühen auf meinem Weg einen guten Morgen gewünscht habe, geht es auf einem schmalen
Felsband hoch über dem Doubs-Tal von Aussicht zu Aussicht langsam
runter zum Fluß. Und es wird immer schöner...
Ääh - Moment... Was
soll die seltsame Hängebrücke auf dem letzten Bild? An dem
offiziellen Aussichtspunkt hängt sie unterhalb der Felsen quer
durchs Sichtfeld, kommt aus dem Nichts und endet im Nichts und ich
kann mir erstmal keinen Reim draus machen. Als mich beim letzten
Stück Abstieg zum Fluß dann ein älterer Herr in Klettermontur
überholt, lichtet sich der Nebel: Ein Klettersteig. Sieht gar nicht
schwer und technisiert aus, hat dafür aber so Großartigkeiten wie
Hängebrücken über dem Abgrund oder Seilrutschen parat. Merke:
Klettersteigset besorgen, hier nochmal herkommen!
Inzwischen wieder unten
am Fluß. Weiter durch das grüne Dickicht. Neben den Ruinen einer
alten Mühle finden sich noch die moosüberwucherten Mühlsteine im
Geröll, und heute habe ich den Fluß fast ganz alleine für mich.
Nur ab und zu sehe ich drüben in der Schweiz mal einen Angler. Bei
einem kleinen Ausflug weg vom offiziellen Weg finde ich zwei tolle
Lagerplätze unter riesigen Felsvorsprüngen, wo sogar schon
Feuerholz fürs Lagerfeuer bereitliegt. Merke: Schlafsack mitnehmen
und nochmal herkommen.
Über Stunden geht es
wieder durch das stille Tal. Wieder kein Dorf, keine Straße, nur
einmal zwei einzelne Häuser mit einer Kapelle. Erst spät am
Nachmittag öffnet sich der schmale Weg kurz vor Goumois zu einem
Parkplatz, wo im Hochsommer offensichtlich die große Kajak-Party
steigt.
Passend dazu kann ich ein paar hundert Meter weiter auch
gleich die erste Gruppe beobachten, die zum Warmwerden erstmal
Rettungsübungen macht: Ins Wasser springen, auf dem Rücken ein paar
Stromschnellen runtertreiben lassen, unten eine Leine auffangen und
zum Ufer zurückschwimmen. Wenn ich mir die Ausrüstung der Gruppe so
ansehe (Neoprenanzüge, Schwimmwesten, Helme) muß ich unwillkürlich
schmunzeln, denn bei meinem ersten und bisher einzigen Kajaktrip vor
20 Jahren hatten wir wohl - wenn überhaupt - jeder eine
Schwimmweste...
Goumois ist deutlich
kleiner, als ich gehofft hatte. Die zwei Souvenirläden sind schnell
abgeklappert: Keine Wanderkarten. Denn natürlich stehe ich wieder
vor dem Problem, daß morgen ungefähr gegen Mittag meine Karten zu
Ende sind und damit auch mein Orientierungshorizont. Naja, ich hab ja
noch meine rausgerissenen Seiten aus dem Autoatlas... Unschön ist
auch, daß ich eigentlich bis mindestens übermorgen nicht damit
rechne, auf einen Ort zu stoßen, der groß genug ist, um eine
vernünftige Chance auf Kartennachschub zu haben. Naja, wird schon
irgendwie gehen... Immerhin hat Goumois einen Mini-Lebensmittelladen,
der nicht nur gekühlte Orangina und hausgemachte Limonade bereit
hält, sondern neben leckerer Wurst sogar am späten Nachmittag noch
Baguette im Angebot hat. An der Kasse merke ich, daß das hier auch
eine Mini-Postfiliale ist und werde prompt zwei Kilo abgearbeitete
Wanderkarten los. Glück muß man haben...
Die restliche Stunde geht
schnell rum, am frühen Abend komme ich entspannt bei meiner
Unterkunft an. Eine ehemalige Mühle direkt am Fluß, jetzt ein
kleines Hotel. Zwei andere Häuser noch drumherum, das war's. Zum
Sound des rauschenden Wassers vor meinem Balkon werde ich sicherlich
wie ein Baby schlafen. Morgen nochmal ein Tag am Fluß, dann geht's
Richtung Elsaß...
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