Lac d'Aiguebelette nach St-Jean-de-Chevelu
9 h / 27 km
Bergtour! Bergtour! Bergtour! Wie ein kleiner Junge wummert das Wort voller Vorfreude in meinem Kopf, als ich aufwache. Auf dem See kichert allerdings der Regen leise im Takt dazu. Mist... Aber am Ende ist es wie so oft: Als ich aufbreche, dampft zwar eine sehr nasse Natur vor sich hin, der Regen hat aber aufgehört.
Der kleine Weg hoch auf kleine Bergkette beginnt praktischerweise gleich auf der anderen Seeseite. Es hätte mich vielleicht stutzig machen können, daß da kein Schild steht. Oder auch, daß die Markierungen sehr spärlich sind. Tut es aber nicht. Also zuckele ich bergauf, in kleinen Serpentinen auf rutschigen Schotterhalden. Nachdem ich an den riesigen Steinschlagverbauungen vorbei bin und endlich in den Wald eintauche, fühlt sich das alles auch schon ein bißchen besser an. Trotzdem ist der Weg alles andere als vertrauenerweckend -- eigentlich gehe ich so ungefähr der Nase nach bzw. folge etwas, das wie ein Pfad aussehen könnte. Ab und zu finde ich ein paar verblasste Markierungen, die der eigentliche Grund sind, warum ich nicht längst umgekehrt bin. Jeder Schritt mit der spannenden Frage, was der lose Schotter unter meinen Füßen denn wohl so macht. Überall unter den Bäumen loses Geröll, das schnell mal in Bewegung gerät. Immer wieder höre ich Steinschläge und ich versuche zu horchen, ob vor mir / hinter mir / über mir. Kein gutes Gefühl.
Nach gut eineinhalb Stunden ist Schluß. Ich müsste ungefähr die Stelle erreicht haben, an der sich der Weg noch ein letztes Mal in Serpentinen steil den Hang hinauf bewegt, dort oben müsste dann ein bequemer Weg quer am Hang sein, der mich mit schönster Sonntagsaussicht kilometerweit den Berg entlang führt. Aber mir wird die Sache zu heiß. Von der Stelle, an der ich stehe, könnte der Pfad nach oben quasi überall weitergehen. (Siehe als Illustration dazu das Foto links... Der Weg geht geradeaus über den Baumstamm
und weiter zwischen den Bäumen. Ist ja noch super zu erkennen, oder?) Und ich merke, daß das einfach nicht die richtige Situation ist, um irgendwo quer Beet zu kraxeln. Das ist mir - vor allem durch die Steinschläge - viel zu gefährlich. Ich sitze frustriert ein paar Minuten rum und ärgere mich, daß ich nicht schon viel früher die Reißleine gezogen habe. Vernünftig wäre es gewesen.
Auf dem Weg zurück ist die Unsicherheit noch viel größer und der Pfad noch viel schlechter zu erkennen. Bin ich hier langgegangen? Oder da drüben? Nur die Erinnerung an ein paar Details macht Mut. Der abgesägte Ast. Die zwei umgestürzten Bäume, die sich seltsam verdreht haben. Manchmal auch meine frischen Fußspuren, wenn ich auf dem Hinweg eine kleine Steinlawine ausgelöst habe. Nach einer knappen Stunde stehe ich wieder auf der Straße. Ausgelaugt, klitschnaß von der Anstrengung und dem Ritt durchs nasse Unterholz, total frustriert. Der Tag ist erstmal im Eimer, ich stehe nach ungefähr drei Stunden wieder genau dort, wo ich die Tour begonnen habe.
Ich hatte mich seit drei Tagen darauf gefreut, heute den ganze Tour oben auf dieser Bergkette entlang zu wandern, damit ist jetzt Schluß. Durch die verlorene Zeit ist es zu spät, um nochmal an einer anderen Stelle und es braucht einige Motivationscolas und viel gutes Zureden, um nicht komplett im Frust zu versinken.
Also: Straße. Das ist hart, weil heiß und sonnig. Schon nach einer halben Stunde tropft mir der Schweiß von der Nasenspitze und ich muß mich zusammenreißen, mein übliches Straßentempo ein wenig zu bremsen. Als Ausgleich für die Asphaltetappe kriege ich Aussicht geliefert. Das tröstet mich nur leider nicht, denn die hätte ich von den Bergen oben wahrscheinlich noch viel schöner gehabt. Und überhaupt muß ich zur Strafe den ganzen Tag unten an der Bergkette entlang gehen, obwohl ich viel lieber oben drüber gegangen wäre. Ich versuche mich zusammen zu reißen, um nicht ständig träumerisch zu den Felsen zu gucken und mir vorzustellen, wie schön kühl und windig es da oben sein mag. Und was für eine tolle Aussicht man erst von dem Bauernhof da oben am Hang haben muß --- Laß es, Herr Grauel.
Am Ende des Tages versöhnt mich in
St.-Jean-de-Chevelu ein kleiner Laden, in dem ich vollkommen
überteuerte, aber eiskalte Getränke einsacke. Brot gibt es drüben
im Tabac-Laden, da war ich aber gerade schon nach Karten fragen und
überhaupt komme ich hier ja morgen nochmal vorbei. Dann ist das
Baguette wenigstens frisch. Bevor ich mich in die vermutete Richtung
des Hotels aufmache, frage ich zur Sicherheit nochmal eine alte Dame,
die sehr lokal aussieht und mir fällt alles aus dem Gesicht. Das
Hotel ist nicht hier im Hauptort. Es ist auch nicht drüben am See.
Mein Hotel ist der schöne Bauernhof da oben am Hang, dessen
vermutliche Aussicht ich schon vorhin vom Tal aus bewundert hatte.
Nochmal eine Stunde Weg und gut 300 Höhenmeter. Scheiße. Kurz
hinter dem Ort fährt dann auch noch der hoteleigene Lieferwagen an
mir vorbei (bergauf) und ich preise das Universum, daß es mich mit
so einer gesunden mentalen Kondition ausgestattet hat.
Oben wird alles gut. Ein tolles kleines
einsames Berghotel, das ich heute Abend alleine bewohne. Es gibt sehr
kaltes Bier. Und Aussicht. Und die Nachricht, daß es morgen richtig heiß werden soll. Dabei war es mir heute eigentlich schon zuviel. Egal. Wird schon
irgendwie gehen. Beim Abendessen im Sonnenuntergang sind mir die
Sorgen des morgigen Tages doch einigermaßen wurscht.
kilian mein lieber, das mit dem schlechten wetter, okay das nehm ich auf mich! aber jetzt wird alles gut, ich schicke dir 4 tage gutes wetter! ich kann immer noch kaum laufen und bin gerade 2 tage mit der handkamera rumgeturnt, denke die bilder haben einen recht eigenwilligen stil, aber trends miessen ja irgendwann mal gesetzt werden...
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