Freitag, 11.05.2012
Vions nach Motz
7,5 h (incl. diverser Nickerchen) / 21 km
Bäh. Schon der Morgen
klebt. Ich bin noch nicht mal aus Vions raus, da wird es mir schon
zuviel in der Sonne. An der Rhône geht wenigstens ein bißchen Wind
und der Fluß gibt mit seinem blaugrün noch ein bißchen optische
Kühle dazu. Es geht durch sehr feuchte Flußauen (in denen es sogar
regnet, was allerdings nur irgendwelches Kondenswasser sein kann --
es ist keine Wolke am Himmel zu sehen und die Nacht blieb trocken...)
erstmal bis zur Brücke nach Culoz, ich will einkaufen. Eine Stunde
Umweg für den Supermarkt ist mir die Aussicht auf süße Getränke,
frisches Baguette und irgendwas Gemüsiges absolut wert.
Gegen Mittag stehe ich
mit einem deutlich schwereren Rucksack wieder an der Brücke und
ziehe weiter nach Norden. Next stop: Mittagspause. Ich suche mir
einen schönen Platz am Fluß, und der Weg bis dahin ist
beschwerlich. Die Rhône führt viel Wasser und mir steht wenig Sinn
danach, mich an irgendeiner steilen Uferböschung gerade so auf einem
schmalen Stein zu balancieren. Nein, der Herr wünscht bequemes
Fläzen auf kommodem Untergrund. Erst eine Stunde später werde ich
fündig, dafür aber richtig. Eine breite Kiesbank am Flußufer,
genug Schatten von den Bäumen und - Wind. Als ich den Rucksack
absetze, bemerke ich panisch einen nassen Fleck an der Außentasche
mit den Getränken und befürchte schon, daß mein kostbarer
Orangensaft ausgelaufen ist. Es ist aber nur das gesammelte
Kondenswasser, das außen an der Flasche mit eiskaltem Saft
heruntergelaufen ist. Mein Gott, kann Orangensaft gut schmecken...
Ich sitze ewig am
Flußufer rum, lese noch ein bißchen, döse noch was hinterher, um
das ausgiebige Mittagessen zu verdauen. Erst als die Sonne soweit
gewandert ist, daß die Bäume gleich keinen Schatten mehr hergeben,
zuckele ich weiter. Und die Sonne brennt.
Jeder Kilometer so
erfrischend wie ein Schluck warmes Leitungswasser. Jeder Atemzug wie
ein kurzer Besuch in der Sauna. Jedes noch so kleine Stück bergauf
wie ein freundlicher Gruß aus der Hölle. Jeder Meter auf einem
staubigen Feldweg ohne Schatten wie ein Ausflug in die Wüste. Den
Plan, nur kurz die schmale Rhône-Ebene zu durchqueren und mich dann
oben auf der nächsten Bergkette nach Motz durchzuschlagen, gebe ich
schnell auf. Heute gilt nur der Weg des geringsten Widerstandes.
Und der führt nur sehr
wenig später wieder unter den nächsten Baum. Eigentlich ist der Tag
sowieso nur durch ausdauerndes Herumliegen unter schattenspendenden
Gegenständen auszuhalten. Ich lasse alle Pilger und Radfahrer an mir
vorbeiziehen und mache erstmal ein Nickerchen, soweit mich die
neugierigen Ameisen lassen.
Aber vom Rumsitzen ist
immer noch niemand angekommen. Die letzten Kilometer sind dann auch
nur Transitland. Weiter, weiter, raus aus dieser Hitze und den Tag
irgendwie hinter sich bringen. Da passt es gut, daß die
Kommunalverwaltung von Mathy es aufgegeben hat, sich zu kümmern. Das
Einzige, was sich hier anscheinend noch ereignet, ist der
unaufhörliche Durchzug von Pilgerströmen.
Auch bei den letzten 150
Metern Aufstieg stelle ich mich an wie ein kleines Mädchen. Es gibt
zwar nette Aussicht auf das Tal, wieder geht der Blick auf viele
Kilometer in Richtung Süden und ich erkenne die Bergketten der
letzten Tage wieder, aber es geht bergauf und ich hab für heute
schon mehr als genug.
Die letzte Halluzination
des Tages ist das Bierwerbeschild an einem Haus kurz vor meinem
Zieldorf Motz. Schon von Weitem löst dieses Schild in mir
fränkisch-heimatliche Reflexe aus und ich denke flüssigkeitslechzend
an Ausflugsgaststätten, Waldschänken und Sonntagslokale. Egal was,
Hauptsache Ausschank. Hier leider nicht. Zum Trost kühlt mich der
Wind, von dem unten im Tal nix zu spüren war, für die restliche
Viertelstunde bis zur Auberge du Motz einigermaßen runter. Am Tresen
ziehe ich mir trotzdem erstmal ein sehr kaltes Bier, was die
Hitzehölle des Tages sofort relativiert. Meine Temperaturrecherche
ergibt 32° am frühen Nachmittag. Zauberhaftes Wanderwetter.
Ich beschließe, morgen
hier auch noch rumzubummeln. Ein Pausentag ist wirklich mal wieder
überfällig. In diesem Dorf ist zwar der Hund begraben, aber der
Laden ist günstig, das Essen ok und vor allem die Leute freundlich.
Was will man mehr...
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