Dienstag, 19.06.2012
Stein am Kocher nach Öhringen
7,5 h /28 km
Ich konnte mich ja schonmal mit dem Gedanken anfreunden, daß es viel zu warm ist. Selbst für einen Pausentag war es gestern viel zu heiß, den Großteil des Tages war bei Vaddern und mir entweder kühlendes Rumsitzen dank Tour-Recherche im Kellerbüro, schweißtreibende Kleinspaziergänge mit Hund, mittägliches Restegrillen incl. Füße-auf-den-heißen-Terrassenplatten-verbrennen, noch mehr Recherche für die nächsten Tage und - schließlich kriege ich heute Nachmittag wieder Besuch - Wäsche waschen. Das war alles ganz schick, leider bereitete es mich nur ungenügend auf den Widerwillen vor, mit dem ich mich heute auf den Weg machte. Hinaus in die Hitze, auf die glühenden Felder.
Und meine Vorahnung bestätigt sich. Egal, wie langsam ich versuche zu laufen, ich kann einfach nur schwitzen. Kühlender Wind? Harhar, Fehlanzeige. Schatten? Schon gleich dreimal nicht. Die schwüle Luft fühlt sich beim Atmen an wie die in der Herrendusche der Seniorenabteilung des SC Freiburg und macht nicht gerade Lust auf Strecke. Und überhaupt.
In Neuenstadt will ich gerade den Marktplatzbäcker betreten, da höre ich pseudo-halblaut eine Stimme von einem der Tische draußen: "Schau mal, so laufe ich auch bald rum." Eine FDP-Föhnwelle tönte das zu seinem Tischnachbarn. Ich drehe mich um: "Das hab ich gehört! Wohin geht's?" Und als hätte die Föhnwelle auf die Frage gewartet, kommt sofort die Antwort, allerdings nicht mehr halblaut, sondern so laut, daß es auch alle anderen drumherum hören können: "Frankenweg. Keltenweg. 700km!" Als er allerdings den Fehler macht, mich nach dem Woher und Wohin zu fragen, wird er wieder ganz still. Ich verziehe mich lieber in die Bäckerei, kaufe mir mein Mittagessen zusammen, entere noch den Schlecker (großes Schild: "Kein Ausverkauf, keine %!") für ein paar Getränke, finde eine schöne Steinbank unter einem kunstvoll gebauten Dach aus Linden und als ich mir gerade einen Liter Orangensaft reingegurgelt habe und mir stöhnend den Wasserbauch halte, entdecke ich das Eiscafé auf der anderen Seite des Platzes.
Eine gute halbe Stunde später erreiche ich endlich den Waldrand und es wird merklich kühler und angenehmer, auch wenn es erstmal bergauf geht. Ich habe mich für die etwas längere Tour entschieden, ich habe ja Zeit. Bis Öhringen ist es nicht weit (dachte ich mir zumindest). An der Grillhütte über dem Tunneleingang der A8 schaue ich ein bißchen in die Weinberge und höre den Rauschen und der Hektik auf der Autobahn zu. Inzwischen hat sich wenigstens der Himmel etwas zugezogen, es bleibt zwar klebrig warm, aber immerhin brennt nicht noch die Sonne runter.
Kurz vor Bitzfeld ahne ich, daß ich mich irgendwie mit dem Tag ein bißchen verkalkuliert habe. "Ach, bis Öhringen ist es nicht weit." Dann kann ich ja entspannt ein bißchen später loslaufen. Dann kann ich ja den Umweg durch den Wald nehmen. Dann kann ich mich ja hier bei der Grilhütte mal ne Stunde hinsetzen. Dann kann ich ja ein bißchen langsamer gehen, ist so angenehm. Und in Bitzfeld merke ich, daß ich schon in einer halben Stunde im fünf Kilometer entfernten Öhringen sein sollte, um Julia rechtzeitig vom Bahnhof abzuholen. Das wird wohl nix.
Naja, dann: Recherchemaschine anwerfen, umdrehen und zum Bahnhof Bitzfeld laufen. Und eine Viertelstunde später ist Frau Julia da, in vollem Wanderornat und hält mir strahlend den aktuellen Spiegel entgegen, den SIE schon im Zug hierher ausgelesen hat und den ICH mir heute eigentlich noch dringend kaufen wollte. Faust aufs Auge! Wir zuckeln zusammen die letzte Stunde bis nach Öhringen, finden selbstverständlich noch eine Eisbude, leisten uns noch das Öhringer Freibad "H2Ö" für 1,50 EUR. Rutschen, strudeln, whirlpoolen, planschen. So isses fein. Abendessen in der Krone, noch eine Halbzeit Fußball im "Café de Paris" (oder war der Accent hinter dem e?), bevor der Regen einsetzt und alle Beteiligten in Richtung Schlafstatt strömen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen