Alpersbach nach Bubenbach
8,5 h / 31 km
Argh - dieser erste Blick morgens aus
dem Fenster. Dieser erste Blick, der Regen und der stille Seufzer.
Der Frühstücksraum ist plötzlich total kuschelig, es gibt ein
liebevolles Spiegelei, abgefahrene Fruchtsäfte und eine Zeitung.
Trotzdem muß ich irgendwann los. Und so stehe ich mißmutig um 10:00
im Regen, in vollem Ornat, und ringe mit meinem inneren Schweinehund.
Aber davon hört der Regen auch nicht auf, also los.
Durch nassen Wald runter ins Höllental.
Schon von weitem höre ich die vierspurige B31 jaulen. Die Ravenna
führt viel Wasser von den ununterbrochenen Regenfällen der letzten
Nacht, aber sie läßt noch einen halben Meter Platz in der
Unterführung, was mir die Hasenhatz quer über die Bundesstraße
erspart.
Am Eingang der Ravennaschlucht erwarte
ich Menschenmassen. Schließlich ist diese Sehenswürdigkeit in
meiner Wanderkarte nicht nur mit einem normalen Stern, sondern mit
doppeltem Stern ausgezeichnet. Aber: Keine Sau unterwegs. Und ich bin
in der Schlucht mit ihren braunen und brüllenden Wassermassen
alleine. Überall bahnt sich Wasser seinen Weg. Aus allen Ritzen
dringt Wasser, mit Macht drückt die schaumige Brühe ins Tal und
bahnt sich ihren Weg über Stock und Stein. Ihr normales Bett hat die
Ravenna heute Nacht verlassen. Mitten im Fluß steht eine kunstvoll
gestapelte Steinsäule, widersteht der Strömung und ist plötzlich
der stillste Punkt in der ganzen tosenden Schlucht. Solche Momente
sind wie Geschenke...
Auf halbem Weg komme ich an einer alten
Mühle vorbei, denkmalgeschützt von anno blablabla und bleibe beim
Lesen der Infotafel hängen: "Der Kleiekotzer und andere
bewegliche Teile werden nicht in der Mühle aufbewahrt." Was
soll der Durchschnitts-Wanderer mit dieser Information anfangen? Was
ist überhaupt ein Kleie-Kotzer? Ist da eventuell eine bundesweit
operierende Kleie-Kotzer-Mafia am Werk, die aus alten Mühlen
Kleie-Kotzer stiehlt?
Hinterzarten hält seine Besucher am
kurzen Zügel. Die einzige Tankstelle hat natürlich keinen Spiegel
mehr. Der Bäcker glänzt mit schmalem Angebot und einzig die
Metzgerei nebenan hat alles in Hülle und Fülle. Ich kaufe
Fleischkäs-Weckla (aka Leberkässemmel), Wurstsalat und Ringelwurst.
Alles, was mir jetzt noch fehlt, ist ein ordentlicher Platz zum
Mittagessen. Bietet sich sofort am Marktplatz, gleich unter dem Pavillon mit
den Veranstaltungsankündigungen. Nachdem es mir da aber auch auf die Knie regnet, ziehe ich nach ein paar Bissen wieder weiter.
Eine gute Stunde hinter Hinterzarten falle ich fast vom Glauben ab, als mir mitten im Regen plötzlich eine Touristenbimmelbahn auf der Straße entgegen kommt. Voll besetzt. Hier - bei diesem Wetter - ist das eine Erscheinung, die so ein bißchen an den Fliegenden Holländer erinnert. Schnell mache ich noch mehr Tempo, um den Touristentrubel endlich hinter mich zu bringen. Oben am Heiligenbrunnen finde ich eine Grilhütte, in der ich mich nochmal für eine halbe Stunde vor dem Regen verstecke. Endlich Zeit für richtig Mittag, endlich mal die Karte ausbreiten und gucken, wo ich heute überhaupt langlaufen will.
Als ich wieder starte, ist der Himmel trocken und ich kippe ab ins Schildwendental. Auf einmal wird alles ganz still. Keine Autos mehr, keine Menschen, nur hinten auf dem Feld odelt ein Traktor. Endlose Wiesen und Wälder, einzelne Bauernhöfe, die sich in den kilometerweiten Entfernungen zueinander verlieren. Unten am Bach folge ich einem schmalen Weg in ein Nebental, begleitet von einer einsamen Stromleitung, die kurz darauf am letzten Haus allein auf weiter Flur endet.
Hinter Unterlangenordnach tauche ich wieder in den Wald ein, endlich laufe ich wieder durch stillen, nassen, grünen und endlosen Wald. Ich treffe keine Menschenseele, was ein mehr als wohltuender Kontrast zu gestern ist. Kein Haus, keine Straße, nichts quert meinen Weg -- und als ich drei Stunden später in Eisenbach wieder aus dem Wald komme, scheint die Sonne. Der Kiosk hat heute ein bißchen früher Feierabend gemacht als sonst und seinen Eingang schonmal mit allen möglichen Schildern und Aufstellern verbarrikadiert. Beim letzten Stück durch den Wald verlaufe ich mich natürlich nochmal stilecht und lande dann doch irgendwie querfeldein bei meinem Hotel, das eigentlich gar keins sein will. Es war mal eins, unbestritten, aber das ist sicherlich ein andere Geschichte, die ich hoffentlich noch aus dem jungen Betrieberpäarchen rauskitzeln kann. Spätestens morgen zum Frühstück...
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