Sonntag, 8. April 2012

Noch mehr Postkarten. Hochglanz.

Freitag, 06.04.2012 (Karfreitag)
Saint Antonin Noble Val nach Najac
7h / 28km

Ich entscheide mich beim Frühstück gegen eine Tour unten durch die Täler. Wenn ich gestern Abend schon den Berg wieder hochgekeucht bin, soll das wenigstens nicht sinnlos gewesen sein. Oben auf dem Plateau sind die Blicke weit, die Felder grün, eine ruhig gegliederte Landschaft mit viel Wald. Die Kleinteiligkeit der Felder der letzten Wochen ist weniger geworden, auch die Verbissenheit, mit der die Bauern jeden Quadratmeter ihres Landes verteidigen. Hier ist mehr Platz. Allenfalls ein müder Elektrozaun trennt den Acker vom daneben liegenden Weg.

Es ist bewölkt heute, der Wind weht die Wolkenfetzen und mit ihnen riesige Sonnenflecken übers Land. Nach einer guten Stunde Straße entscheide ich mich spontan, einem Wanderweg zu folgen und biege rechts ab. Gute Entscheidung, denn der schlängelt sich am Ende sowieso in etwa da lang, wo ich sowieso lang wollte. Auf schmalen Pfaden zwischen den Feldern hindurch. An alten Steinmauern vorbei den Hügelkamm entlang. Es geht sich leicht und trotz Feiertag ist alles ausgestorben und nur ein paar brennende Reisighaufen in den Dörfer verraten, daß hier noch irgendjemand irgendetwas tut.




In Verfeil lese ich die amtlichen Mitteilungen vor dem Rathaus, esse auf der Bank daneben als Mittagessen meine Tomaten, gucke ein paar Katzen hinterher und fröstele im Wind. Überall Autos mit englischen Kennzeichen. Entweder haben die Briten das halbe Dorf aufgekauft oder die Urlaubssaison hat begonnen.Ich vermute irgendwie beides...

Kurz vor Saint Martial beginnen die grauen Wolken doch zu regnen. Ich halte an, um mein Regenzeug anzuziehen und nur zwei Minuten später stehe ich wie der letzte Clown auf der Straße. War doch nur ein Schauer - - bis ich meine Klamotten angezogen und die Regenhülle über den Rucksack gestreift habe, ist die Husche schon wieder vorbei und ich stehe in vollem Regenzeug in der Sonne. Also gleich wieder retour...



Beim Abstieg nach Najac fiebere ich auf die erste Aussicht mit Château und Kirche (zu einem ordentlichen Foto bin ich aber anscheinend nicht fähig...), mich erwartet heute Abend wieder eine Postkarte. Und genauso kommt es. Najac thront über einer engen Schleife des Aveyron auf einem Bergsporn, auf der höchsten Stelle das Château, davor und dahinter zieht sich das Dorf den Hügelkamm entlang. Ich stoße natürlich wieder auf den Jakobsweg, die ersten Wohnmobile, die ersten Touristen und plötzlich merkt man wieder ganz deutlich, daß wir im verlängerten Osterwochenende sind. Ein letztes Mal für heute keuche ich den Berg hoch und komme aus dem Staunen über Häuser und Gassen nicht mehr heraus. Ich verschiebe sämtliche weiteren Fotoaktionen auf morgen (oder so), kaufe mir statt dessen in der Bäckerei am Place du Faubourg zwei Pizzastücke und mache schonmal zufrieden mampfend Abendbrot.

Mein Hotel für die nächsten Tag erweist sich als Glücksfall. Sehr freundliche Leute, ein schönes Eckzimmer mit zwei Fenstern, ein großes Bett mit richtiger Decke, funktionierendes Internet und ein - wie ich am nächsten Abend feststelle - gutes Restaurant und das alles zu einem insgesamt sehr vernünftigen Preis habe ich in der Kombination in Frankreich noch nicht gehabt. Und ich genieße es, endlich mal nicht der einzige Gast zu sein. Endlich mal wieder "one of the crowd". Der Laden ist voll und ausgebucht, überall wuseln am Abend Osterurlauber herum und ich sitze still und zufrieden bei einem Glas Whiskey auf dem Sofa im Foyer und freue mich auf ganze zwei Tage Pause und Nichtstun.

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