Donnerstag, 24. Mai 2012

Das Mampfmonster ist wieder unterwegs.

Mittwoch, 23.05.2012
Epalinges nach Goumoens-la-Ville (ich kann's immer noch nicht aussprechen)
7 h / 28 km

Epalinges ist heute Morgen noch häßlicher als gestern. Ohne den Romantikfaktor Sonnenuntergang und das weiche Licht läßt sich nicht mehr verheimlichen, daß dieser Ort einfach nur ein Vorort von Lausanne ist. Mit seinen Hochhäusern aus den 80ern muß ich eher an Hohenschönhausen denken. Wie gut, daß gleich dahinter der Wald beginnt.

Eigentlich laufe ich heute fast nur durch Wald. Mal schöner kleinteiliger Wald, der gekonnt versteckt, daß nur ein paar hundert Meter weiter schon wieder die Zivilisation anfängt. Mal ruppiger Militärwald, durch den Betonpisten in mir unbekannte Richtungen streben. Mal lauschiges Flußtalwälder mit Horden von aufgeregten Pferdemädchen auf Ponys. Und überall: Quellen. Und Bänke zum Sitzen und Picknicken.

Der coop-Supermarkt vorhin hatte sogar den "Spiegel" im Sortiment. Deutschsprachiger Lesestoff. Eine willkommene Ausrede, um bei jeder dritten Bank anzuhalten, ne halbe Stunde rumzusitzen und dann gemütlich weiter zu gondeln. Eigentlich besteht der ganze Tag nur aus schlendern und gondeln. Und futtern, denn irgendwie denke ich seit Tagen nur noch ans Essen.

Die Schweiz sieht hier vollkommen anders aus, als es uns Klischees, Werbespots, Fernsehen und Heidi-Trickfilme weismachen wollen. Ich sehe Bauernhofland, Flachland, allenfalls leichte Hügel. Nur einmal kann man am Horizont hinter dem Dunst die erste Bergkette des Jura erahnen. Ansonsten könnte das hier auch Sachsen-Anhalt sein.

In Echallens tausche ich beim Bäcker ein kleines Vermögen gegen ein Sandwich und zwei Pizzastücke, die mein Mittagessen werden sollen. Im Migros komme ich für ein paar Getränke besser weg, aber schon beim nächsten Bäcker muß ich nochmal zuschlagen. Schließlich brauche ich ja noch ein Abendessen, in meiner Bed&Breakfast-Unterkunft auf dem Bauernhof wird es nix geben. Und bei diesem zweiten Bäcker gibt es - Glücksmoment! - Laugenstangen! Ohne Salz! Nachdem ich natürlich nicht weiß, was Laugenstange auf französisch heißt, veranstalte ich mit der Bäckersfrau eine kleine Suchchoreographie und ziehe glücklich von dannen. Der Abend kann kommen.

Eine halbe Stunde weiter kann ich meinen Zielort schon hinter den Feldern sehen, habe aber noch keine Lust anzukommen. Also schlage ich noch ein paar Schleifen durch das nächste Waldstück, liege noch ein bißchen im Schatten im Gras rum und zuckele dann irgendwann zu meinem Bauernhof. Hmm, kein Auto da, auf die Klingel antwortet auch niemand. Also mache ich es mir erstmal auf der Bank bequem, inspiziere den Selbstbedienungshofladen und eine halbe Stunde später trudelt der Bauer auf seinem Hof ein. Freundliche Leute, nettes Zimmer, sogar mit kleiner Gemeinschaftsküche. Zur Krönung hat er auch noch einen Adapter für die doofen Schweizer Steckdosen parat.

Im Laden unten wünsche ich mir sehr, daß ich ein Auto dabei hätte, um sofort all die Marmeladen, Sirup-- (-- äh, was bitte ist die Mehrzahl von Sirup?) Sirupe und anderen Sauereien einzusacken. Aus bekannten Gründen begnüge ich mich mir selbstgemachtem Apfelsaft und Eis, was zusammen mit meinen diversen Kleineinkäufen ein Festessen ergibt. So sieht Versöhnung mit der Schweiz aus. Mit Essen kann man mich eben immer ködern. Ich muß kurz über mein Tief in Évian schmunzeln und darüber, wie schnell sowas überwunden sein kann. Ein guter Tag, ein zufriedener Magen, eine gute Ankunft, das reicht, um mich aus allen Baggerlöchern der Motivation wieder rauszuholen.

1 Kommentar:

  1. der Duden weiß Rat:

    "der Sirup; Genitiv: des Sirups, (Sorten:) Sirupe oder Sirups (Plural selten)"

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