Samstag, 5. Mai 2012

Aus zwei wird eins wird null.


Freitag, 04.05.2012
Hauterives nach Marnans
8 h / 27 km

Frühes Frühstück. Madame Zimmervermieterin hatte nicht nur gestern Abend einen späten Termin, sondern muß heute auch früh weg. Also sitzen wir schon um halb zehn wieder auf der Bank vor dem Haus und wälzen Karten. So richtig wollen wir irgendwie nicht entscheiden, wohin es heute gehen soll. Oder auch: Wie weit es heute gehen soll. Bevor Madame das Haus verläßt, schaut sie dankenswerterweise nochmal schnell in die Zimmer und verhindert heldenhaft, daß Monsieur L'Ombrage sein Buch vergißt. Ich werde ihm den restlichen Tag zu diesem Thema volle Absicht unterstellen, denn der Wälzer sieht schwer aus...

Erstmal los, wie gestern schon ist der Abmarsch perfekt: Aus der einen Richtung in der Unterkunft ankommen, am anderen Morgen wieder in die andere Richtung weiterlaufen. Die erste Spontanentscheidung für die "landschaftlich schönere Variante", wie wir die kleinen Wege ohne Straßenbelag einfach mal verallgemeinernd nennen wollen, führt gleich mal ins Off. Der Förster hat schon theatralisch seinen klapprigen (aber mit Flammenaufklebern verzierten) Jeep quer über den Matschweg gestellt. Das hätte uns ein Zeichen sein sollen, denn ein paar hundert Meter später eiern wir über eine sumpfige Wiese und sorgen erstmal für Patina an den Schuhen. Sackgasse. Super. Also den ganzen Murks gleich wieder zurück zur Straße. Statt dessen oben auf der Hügelkette über matschige Wege durch grüne Felder.

Am Rand des Truppenübungsplatzes liegen wir pünktlich zur Mittagspause eine halbe Stunde auf der Wiese neben dem Misthaufen rum, ich schleppe immer noch eine große Dose Bier von gestern im Rucksack mit. Eine Stunde später bietet der kleine Bach neben dem Weg alles, was der Wanderer als Einladung braucht. Halbschatten, einen Baumstamm quer über dem Wasser zum Sitzen und eiskaltes Wasser. Stiefel weg, Füße rein, sofort wieder raus (weil zu kalt), vorsichtig auf dem Baumstamm balancieren und dabei immer unauffällig den Fotoapparat bereithalten, weil man die Hoffnung noch nicht aufgegeben hat, daß der Wanderkollege vielleicht doch noch ins Wasser fällt. Das gäbe Discopunkte hoch zehn...

Alles in allem kann ich heute nicht meckern. Also so gar nicht. Schön warm, um die 25 Grad, bißchen Wind zur Kühlung, viel Wald, viel Feld. Langsame Mücken, die sich brav erschlagen lassen und Wege genau dort, wo sie gebraucht werden.

Wir steuern Viriville an, ich habe rausgefunden, daß es in diesem Kaff ganze zwei Hotels geben soll. Dort angekommen, stellt sich raus, daß diese beiden Hotels ein und dasselbe sind (bzw. der alte und der neue Name ein und desselben Hotels) und dieses nunmehr eine Hotel sieht irgendwie geschlossen aus. Monsieur L'Ombrage nimmt schonmal mürbe vor dem örtlichen Café Platz, während ich mein Glück über den rückwärtigen Hotelparkplatz versuche. Bingo, hier ist Betrieb. Allerdings der Falsche: Umbauarbeiten. Kein warmes Wasser, Badezimmer rausgerissen, keine sauberen Zimmer. Meine offensichtliche Enttäuschung bringt den Eigentümer sofort in die Defensive. In der verstaubten Hotelhalle, in der alles auf dem Fußboden an der Wand lehnt statt an seinem Platz zu sein, wälzt er seine Unterlagen und versucht, eine Alternative in Laufreichweite zu finden. Alles, was ihm einfällt, ist der Laden in Marnans, vier Kilometer weiter. Den hatte ich schonmal in der Auswahl, allerdings wegen "zu teuer" gestrichen...

Erstmal beim Bäcker Törtchen ziehen, das hilft immer. Auf dem Weg durchs Dorf frage ich noch zwei Damen nach Übernachtungsmöglichkeiten, die eine weiß nix, die andere nennt ebenfalls die Auberge du Marnans. Dann eben doch... Wir kaufen uns im übersichtlichen Dorfsupermarkt noch ein Mini-Picknick (ich bin allerdings schon bis zum Rand mit Himbeer- und Zitronentörtchen abgefüllt), das es in Marnans zu einer Flasche Wein auf der Parkbank gegenüber der Kirche gibt. Die große Dose Bier werde ich also auch morgen noch schleppen dürfen...



2 Kommentare:

  1. Und ich dachte, Monsieur L'Ombrage wäre ein Hirngespinst, ein Phantom, sozusagen durch zu viel Laufen geschaffen. Aber er hat ja einen Rucksack und leichte Turnschühchen. Wie geht es ihm denn in denen? Keine Blasen?

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    1. Ja, ich dachte auch schon an "Mein Freund Harvey" ...

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