Vera de Bidasoa - Dancharia
6,5 h / 26 km
Heute Nacht war's wieder mausekalt. Die heldenhaft offen gelassene Balkontür muß wieder zu, die Prinzessin friert. Am Morgen sieht es immer noch wenig einladend aus, bis gut 1100 liegen dicke Nebelschwaden im Tal. Erst als ich mich gegen halb zwölf langsam zum Paß hochschraube, wird die Luft klarer. Dafür knallt die Sonne wieder schön von oben und ich frage mich, warum zur Hölle ich überhaupt lange Hosen mitgenommen habe. Nach fast 2h auf der Straße kann ich endlich in den Wald abbiegen und sofort wird's klasse.
Panische Ponys auf Weiden, Aussicht auf die Berge, gurgelnde Bäche neben dem Weg, einsame Wege im spanisch-französischen Grenzgebiet, Sonne bis zum Abwinken und Bauernhöfe, Bauernhöfe, Bauernhöfe. Schafe, Kühe, Ziegen, alles. Was total fehlt, sind Blätter. Mir ist schleierhaft, warum hier noch alle Bäume und Büsche total kahl sind. Sind diese warmen Temperaturen oberhalb der 20° erst seit Montag akut und vorher war nur Eisregen? Das Land wirkt noch seltsam grau und graubraun, da hilft auch das gleißende Sonnenlicht nix. Ein bißchen wie eine Frühlingskopie, die die Zeit bis zum echten Frühling noch überbrücken soll. Andererseits gibt's schon Osterglocken in Formation und Hülle und Fülle, Lämmer auf den Weiden und rotgesichtige Pensionäre, die ihre Ponys mit Auto und Hütehund auf die Koppel treiben.
Die drei Lektionen, die ich heute gelernt habe:
1. Französische Hofhunde kläffen erstmal und da sie grundsätzlich immer frei herumlaufen, pirschen sie sich gerne von hinten an Wanderer ran. Wenn die sich allerdings umdrehen, kommt Panik auf (bei den Dorfhunden) und sie kläffen lieber aus sicherer Entfernung weiter.
2. Keine Abkürzungen. Wenn in der Karte kein Weg verzeichnet ist, rechne nicht damit, daß du dich irgendwie durchschlagen kannst. Alles ist schön mit Stacheldraht, unpassierbaren Dornenhecken oder ähnlichen Kram begrenzt. Freiheit bitte nur auf dem offiziellen Weg, Monsieur!
3. Die ersten 2 Wochen sind immer eine Qual.
Ich bin gefühlsmäßig noch etwas in Zwietracht mit mir selbst. Auf der einen Seite macht das Unterwegssein Spaß, auf der anderen Seite warte ich beim Laufen noch sehr oft auf's Ankommen. Der bisherige Weg fühlt sich seltsamerweise deutlich länger als als 2,5 Tage, aber mein Körper erinnert mich schmerzlich daran, daß das Murks ist. Immerhin nix mehr zu spüren von den Rückenschmerzen, die mich noch in den USA wie einen alten Mann haben aussehen lassen. Jetzt sind es die verspannten Schultern, die sonnenverbrannten Arme und Gesicht, die Blasen an den Füßen und überhaupt. Trotzdem herrlich. Sich nach 6,5 h Laufen unter die Dusche zu stellen, den Schweiß des Tages abzuspülen und danach eine Stunde bei offenem Fenster im Bett zu liegen und dem Bach draußen zuzuhören, hat dann doch wieder was Erhebendes.
So soll's sein.
Hi Kilian,
AntwortenLöschenfängt ja schon klasse bei Dir an. Vor allem die Geschichte mit der Polizei...
Halte durch , in ein paar Monaten bist Du ja wieder da.
Klasse , wie Du schreibst. Macht Spaß zu lesen.
Grüße, Florian
Hallo Kilian,
AntwortenLöschenendlich hat die Kilian-Grauel-Blog-freie Zeit ein Ende. Wir freuen uns schon wieder auf Deine lebendigen Schilderungen und tollen Fotos.
Hab' viel Spaß und immer ein Pflaster zur Hand !
Herzliche Grüße
Christoph + Doris + Ashley