Montag, 26.03.2012
Vic-en-Bigorre nach Marciac
5,5 h / 26 km
Au. Gestern schon: Au. Die kleinen Zehen melden sich, links und rechts. Rechts mit wund gescheuerten Stellen, links mit ner Blase. Heute früh gehe ich kein Risiko ein und tape alle Stellen neu. Die erste Stunde geht alles gut, danach muß ich mich zwingen, die Füße beim Laufen schön entspannt zu halten, ansonsten wird alles nur noch schlimmer. Fotos erspare ich den geneigten Leser hier jedenfalls. Dennoch erinnere ich mich gut, daß genau diese Stellen auch 2010 schon Thema waren. Sind zwar inzwischen andere Stiefel, aber noch dieselben Füße.
Damit steht auch die Entscheidung fest: Heute noch, morgen noch, dann ein Tag Urlaub. Kurz vor Montesquiou gibt es einen Bauernhof, der Zimmer vermietet. Mit Frühstück. Und Abendessen. Und bezahlbar. Und mit Gänsen (soweit sie nicht alle schon zu Foie Gras verarbeitet wurden...). Mit dieser Entscheidung, die die Unsicherheit der letzten Tage beendet und dieses ungute "weiterweiterweiter"-Hämmern im Hinterkopf unterbricht, kommt auch der Spaß am Laufen wieder zurück.
Hinter Vic: Ab in den Wald. Schon gestern Abend auf der Karte habe ich mich auf dieses Stück durch geschlossenes Grün gefreut. Die Realität: Ein seltsamer Pseudowald, unverbindlich nebeneinanderstehende Bäume ohne jegliches Unterholz. Anscheinend wird da regelmäßig um die Stämme herum gepflügt, um das Unkraut unten zu halten. Egal. Kurz danach Trinkpause an der Landstraße auf einem Holzstapel. Mutti auf Moped. Ein LKW. Ein paar Peugeots und Renaults. Ein Jogger, der Schiß kriegt und lieber rechts in den Wald abbiegt.
Abwechselnd quer über kleine Hügelketten, dann dahinter zwei Kilometer flaches Ackerland samt Fluß für die Bewässerungsanlagen, dann wieder eine Hügelkette. Es geht sich leicht heute. Der Wind weht mich zwischen den Feldern durch und rauf auf die Hügelspitzen, kühlt meinen Schweiß und erinnert an das Ferne. Überall schweres Gerät auf den Äckern, alles was einen Pflug oder eine Egge ziehen kann, zieht. Kurz vor Mittag holt die Bäuerin ihren Mann mit dem Auto von der Feldarbeit ab, der Traktor bleibt auf dem halbfertigen Feld stehen. Es ist 1215 Uhr, selbst wenn sich Vati noch schnell den gröbsten Dreck aus dem Gesicht wäscht, sind sie bestimmt pünktlich um halb eins am Mittagstisch.
Ich finde passend zur Mittagszeit ein kleines grünes Baumdreieck zwischen drei Straßen. Ich wage es, Stiefel und Socken auszuziehen, auch wenn ich Angst davor habe, das Elend anzuschauen, geschweige denn, später wieder in die Stiefel zu zwängen. Aber halb so schlimm. Zum Mittag gibt es ein Reststück Baguette, Möhren und Frischkäse. Wasser und Kitkat. Jetzt ist bis auf ein paar Fishermen's Friend alles aufgefuttert. Mit meiner Jacke zugedeckt schlafe ich mir ein kleines Mittagsschläfchen, immer wieder unterbrochen von einigen vorbeifahrenden Autos.
Später beim Aufstieg auf die nächste Hügelkette kommen mir Erinnerungen an einen Toskanaurlaub vor vielen Jahren. Die Aussicht auf die nächste Hügelkette und das Land dazwischen erinnert mich etwas daran. Alles glüht. Alles glüht in der Sonne, sogar die Bisam-nichtratte-nichtbiber, die ich in ihrem kühlen Swimmingpool beim Dösen erwische.
Als ich in Marciac mein Hotel suche, fühle ich mich leicht beobachtet. Irgendwas stimmt hier nicht, ich war hier schonmal. Der Platz, die Kreuzung -- verdammt. Google Street View. Hier hatte ich mich tatsächlich schonmal umgeschaut. Mein Hotel ist vorne schön und hinten nach guter alter amerikanischer Motel-Art gebaut, mit allen bekannten Nachteilen. Nur gut, daß ich nicht hier meinen Pausentag eingelegt habe. Am Platz gibt es noch einen Lädchen, ich kaufe mir kurz vor Toresschluß noch schnell eine Cola, genieße mein allabendliches Ritual und beobachte die Einheimischen. Abendessen fällt heute aus, die Pizza von gestern Abend ist mir anscheinend nicht so richtig gut bekommen (zumindest gebe ich ihr die Schuld daran). Morgen Abend auf dem Bauernhof gibt's wahrscheinlich sowieso wieder 4 Gänge...
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