Dancharia - Ixtassou
4,5 h / 19 km
Heute war Schonprogramm. Dafür aber auch Schönerprogramm. Im Prinzip alles wie gestern: Morgens neblig-kalt und tagsüber knallende Sonne. Aber auch wieder alles anders. Nach dem - hmm - mäßigen Hotel von gestern abend und dem - hmmmm - sehr mäßigen Abendessen hatte ich beschlossen, das Frühstück für 8 EUR einzusparen und so stand ich schon zu nachtschlafener Zeit um 0930 abmarschbereit vor dem Haus. So wie ich's mag: Gestern Abend von links angekommen, heute geht's nach recht weiter. Durchgangsstation eben.
Die erste Stunde bis Ainhoa laufe ich entsetzlicherweise! auf dem ausgeschilderten! Jakobsweg! und bin froh, daß mich niemand sieht. Ich bin inzwischen schon ein paar Mal gefragt worden, aber alle Frager haben meine Antwort von wegen "une route une petit plus individuelle" geschluckt. Die größte Herausforderung der letzten Tage war übrigens, einen Weg außer der Straße zu finden, der einigermaßen und ohne sinnlose 500m-Auf-und-Abstiege in meine Richtung führt. So auch heute. Nach Ainhoa geht es eine ganze Zeit lang parallel am Talhang über der Straße, dann runter, ein kurzer Wechsel über die Straße und auf der anderen Talseite wieder rauf. So versucht es mir jedenfalls die Karte schmackhaft zu machen. Realität? Der Weg auf der anderen Talseite endet an einem Bauernhof. Links geht noch ein Trampelpfad am Bach entlang hoch, den nehme ich dann doch spontan aus Planlosigkeit und aus Unlust, wieder zurück zur Straße zu eiern. Außerdem kommen von hinten die zwei Wachhunde des Bauernhofs an.
Aber die wollen nur spielen. Nach dem ersten Beschnuppern warten sie eigentlich nur darauf, daß ich weitergehe, damit sie mitkommen können. Und so kommt es auch: Die Jungs folgen mir fast ne Stunde quer durch die Botanik, den Hang hinauf und bis kurz vor Kuppe, hinter der man den inzwischen fast 2 km entfernten heimatlichen Hof unten im Tal nicht mehr sehen könnte. Der Tierfreund in mir hat Gewissensbisse, die Hunde weiter hinter mir herzuschleppen (obwohl: ich weiß jetzt wirklich, wie freundlich-interessierte Hunde aussehen, die gerne dabei sind), verscheuchen und anschreien kommt auch nicht in Frage, also mache ich erstmal Pause. Vielleicht wird ihnen ja langweilig und sie düsen zurück nach Hause. Weit gefehlt. Es folgt eine intensive Einforderung von Streicheleinheiten, danach wird einfach entspannt rumgelegen. Macht mir nix, darauf hatte ich sowieso gerade Lust. Ich hätte gerne ein Foto davon gehabt: Ich, schlafend am Hang, neben mir zwei Hundestatuen als Wachposten.
Nach einer knappen Stunde Dösen im Schatten wird's mir dann aber doch irgendwie kalt. Alleine meine Bewegung in Richtung Rucksack bringt beide wieder in Hab-Acht-Stellung: Weiter? Weiter? Weiter? So nicht, Jungs. Ich kriege verscheuchen und anschreien immer noch nicht übers Herz und versuche es mit ignorieren ("Ignoracíon!", if you know what I mean). Klappt mit der Zeit ganz gut, nach den ersten erfolglosen Versuchen, Aufmerksamkeit zu erreichen, ziehen die Hunde immer weitere Kreise und beschäftigen sich anderweitig. Der ältere schwarze Kollege macht sich langsam schon auf in Richtung Heimathof, der ungestüme Weißgefleckte denkt allerdings noch nicht an Feierabend. Also muß ich doch unter brechendem Herzen zu einer verscheuchenden Geste ansetzen, die auch prompt sitzt. Noch 2-3x wiederholt, trollt auch er sich wieder nach Hause. Zurück bleibt ein "Ich will so nen Hund!"-Mensch mit gebrochenem Herz...
Der Rest des Weges ist heiß und unerbittlich wie immer. Weil der Tag heute eigentlich zu kurz ist, mache ich einen Abstecher nach Espelette. Die Tankstelle (= theoretisch ein guter Lieferant für kalte Getränke) hat von 1200 bis 1400 Mittagspause, der Liter Super kostet hier übrigens 1,82 EUR. Ich erwarte nach der Tankstellenpleite kurz darauf im Dorf eigentlich sowieso geschlossene Siesta, aber plötzlich macht es überall Café hier, Brasserie da. Ich hab zwar irgendwie Lust auf irgendwas (siehe ausgelassenes Frühstück), aber so ne Pizza zum Mittag kann ich mir dann doch irgendwie nicht vorstellen. Im Bäckerladen gegenüber zählt Mutti schon das Kleingeld, verkauft mir noch schnell zwei Orangina, dann rasseln die Jalousien runter. Mittagspause. Ich sitze derweil glücklich im Schatten der Häuser und gucke mir das Dorfleben an.
Nach dem Aufstieg auf den letzten Berg treffe ich auf die erste im Sinne des Aussichtspunktes günstig platzierte Bank (sowieso haben die Franzosen in ihrer Landschaft sehr wenig Sitzmöglichkeiten aufgestellt, in Deutschland kannst du dich in Wald und Flur oft vor lauter Bänken nicht retten) und weil der nebenstehende Baum seinen Schatten genau auf die Bank wirft, muß ich hier nochmal für eine Stunde Mittagsschlaf halten.
Später im Hotel riecht das ganze Zimmer nach der Wärme, die die Sonne den ganzen Tag auf die Fassade des Hauses geworfen hat. Aber schon kurz nach Sonnenuntergang, auf dem Weg zum Restaurant, ist es wieder eisig draußen. Das Abendessen ist eine - kurzer Griff in das Regal der Superlative - Offenbarung! Gab es noch gestern laschen Irgendeinfleischeintopf mit öden Pommes, gibt es heute für ganze 3 EUR mehr folgendes Menü:
Pilzrahmsuppe
Piperade Basque (eine Art Eintopf-Omelette mit Tomaten, Gemüse und angebratenem Schinken)
Entenbrust mit Knoblauch-Kartoffelgratin, Gemüse und etwas Salat
Gateau Basque (regionaler Kuchen mit sehr leckeren und sehr heftigen Vanille-Füllung)
Menüpreis? Festhalten: 20 EUR... Und es war so lecker, daß man nach jedem Gang eigentlich noch ne halbe Stunde Pause machen wollte, um den Geschmack nicht zu vergessen.
Morgen wird allerdings hart: Ich muß mich entscheiden zwischen einem Tag fast nur auf der Straße oder tonnenweise sinnlosen Berggekraxel im Sonnenhang. Mal sehen, ob Schweinehund oder Selbstgeißelung siegt. So schön wie heute wird es aber sicherlich nicht mehr... Trotzdem ist Vorfreude angesagt: Übermorgen ist mein erster Pausentag.
Mir hat's das Hundefreunde-Herz sogar beim Nur-Lesen gebrochen.
AntwortenLöschenSo, morgen werden wir sehen, ob Schwein oder Geißel...
Schlaf gut, Prinzessin!
Biene
Ich bin eindeutig für Geißel... Herrlich unterhaltsame Texte und ich besorge Dir jetzt so einen Hund aus dem Tierheim.
AntwortenLöschenDa werde ich ja schon beim Lesen ganz gechillt.
AntwortenLöschenBei mir toben die Maler, das Haus steht Kopf und Kilian hält einen ausgiebigen Mittagsschlaf.
Weiter so!!