Sonntag, 18. März 2012

Sonnewindundwolken.

Sonntag, 18.03.2012
Saint Martin d'Arrossa - Saint Palais
8 h / 38 km

Harte Tage, harte Taten. Daß der heutige Tag ein Gewaltmarsch wird, war irgendwie klar. Also früh ins Bett (2130), früh aufstehen (0730) -- mit 10h Schlaf sollte man das doch irgendwie hinkriegen. Außerden wird es Zeit, den Anspruch mal ein bißchen hochzuschrauben. Ich hatte mich schon schwer damit abgefunden, daß ich heute wieder einen Großteil der Etappe auf der Straße gehen werde -- auf den kleinen Wegen ist hier echt kein Blumentopf zu gewinnen. Ständig stehen irgendwelche Zäune im Weg, über die man klettern muß, in Großbuchstaben drohen Verbotsschilder von den Bäumen, von links und rechts schieben sich Stacheldrahtverhaue in das Blickfeld, sorgsam verschlossene und mit Stricken verknotete Tore bremsen das Tempo, empörte Blicke des Bauern lassen den Blick des Wanderers verschämt gen Boden sinken, wenn er unter dem anklagenden Bellen der Hofhunde und panischen Blöken der Schafherden zwischen den Scheunen durchschleicht. Das ist zwar a) Abenteuer und b) auch schöner als Straße laufen, aber an einem Tag, an dem ich ums Verrecken keine Alternativ-Unterkunft zwischen Start- und Zielpunkt gefunden habe, in der Summe Murks. Wenn nichts mehr hilft: Einfach weiterlaufen.

Morgens im Regen auf der Straße. Zwei Stunden später bei Sonnenschein den Hang hinauf. Zwei Stunden später bei bedrohlichen Wolken vor dem Col des Palombières. Eine weitere Stunde später im ersten Graupelschauer bei strahlender Sonne. Zwei Stunden später im Platzregen. Es war alles dabei und nach gefühltem 28x "anhalten - Rucksack absetzen - Jacke rausholen - Jacke anziehen - Regenhülle über den Rucksack ziehen - Rucksack wieder aufsetzen - weiterlaufen" bzw. der Gegenrichtung war mir die Aussicht auf nasse oder trockene Klamotten echt herzlich egal. Weiter ohne Jacke und ohne Regenhülle. Wird halt alles naß. Und erstaunlicherweise blieb der Himmel von diesem Moment an trocken und die Wolken zogen hämisch kichernd vorbei.

Nach 8 Stunden Marsch komme ich nach Saint Palais, suche mir auf den Dorfplatz zwischen den 3 Hotels das "Hotel des Friedens" aus (gegen DEN Namen hatten das "Hotel der Mitte" und das "Hotel du - was?" natürlich keine Chance) und lande mitten in einer -. hrgh! - Familienfeier. Böse Erinnerungen an Heyerode 2010 werden wach. Und auch hier ist heute das Restaurant geschlossen, obwohl sich die Tische unter dem aufgetragenen Essen biegen. Heute ist das aber egal. Mein Hunger hält sich seltsamerweise in Grenzen. In meinem Zimmer mampfe ich zufrieden die Reste meines Glückseinkaufs von gestern, um den Rucksack nochmal ein bißchen leichter zu machen. Auf dem Balkon trocknet all das Zeug, das heute naß geworden ist.

Die Bestandsaufnahme der üblichen Wehwehchen fällt kurz aus: Soweit alles in Ordnung. Keine einzige neue Blase heute, keine wundgescheuerten Stellen, keine Striemen mehr vom Rucksack, keine verspannten Schultern. Alles bestens, außer vielleicht der kleinen Blase hinten links. Aber die war auch schon vorgestern da. Der Pausentag hat sich gelohnt. Heute auch. Wie jeder Tag bis jetzt.

Und die Badewanne lockt...

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